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ROSEN UND ROSINEN · Dezember 2018

Wohn- und Atelierhaus von Cuno Amiet auf der Oschwand, um 1950

CUNO AMIET in Solothurn
SURREALISMUS in Aarau
EMIL NOLDE in Bern

CUNO AMIET ZWISCHEN SOLOTHURN UND DER OSCHWAND
Zum 150. Geburtstag des Künstlers

-6.Januar 2019

Solothurn, Kunstmuseum www.kunstmuseum-so.ch
Cuno Amiet wurde 93 Jahre alt (1868-1961), dieses Jahr wäre er 150 geworden. Der imaginäre dreistellige Geburtstag wurde dieses Jahr im Frühjahr bereits in der Galerie Bromer-Kunst gefeiert und wird es nun im Kunstmuseum Solothurn.  Vor gut einem Jahr fand über Amiet auch eine erste grosse Übersichtsausstellung im Tessin, in Mendrisio statt.
Amiet war der grosse Freund von Giovanni Giacometti – dieser war bei der Hochzeit von Amiet Trauzeuge, und Amiet war Pate von dessen Sohn Alberto Giacometti. Amiet hatte mit seiner Frau Anna drei Pflegetöchter und einen Pflegesohn, nämlich Bruno Hesse (1905-1999), der älteste Sohn von Hermann Hesse, der im Alter von 15 Jahren an Amiet übergeben wurde und später auch Maler wurde.
Amiet wurde mit 16 Jahren Schüler vom Schweizer Künstler Frank Buchser, danach weilte er in München und in Paris zu weiteren Ausbildungen. 1892 brach er nach Pont-Aven, einem kleinen Fischerdorf in der Bretagne auf, wo er in der dortigen Künstlerkolonie malte und die Sichtweise Gauguins und seiner Freunde in sich aufnahm – Gauguin selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits in Tahiti. 1906 wurde Amiet vom Maler Erich Heckel eingeladen, Mitglied der expressionistischen deutschen Künstlerbewegung ,Die Brücke‘. Sein Hauptwerk entstand aber in der Oschwand, einem kleinen Weiler im Kanton Bern, nahe von Solothurn. Amiet zog 1898 dorthin und wohnte bis zu seinem Tod, mehr als sechzig Jahre, dort. 1908 liess er sich in der Hügellandschaft der Oschwand ein grosses, gemütliches Haus bauen, mit einem Atelier daneben, und das Anwesen war von einem grossen Garten umgeben.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Solothurn ist persönlich angelegt – mit Selbstbildnissen, Porträts von seiner Frau Anna, einem frühen Hodler-Bildnis vor dessen Marignano-Bild, mit Werken von seinem Haus, dem Garten, der Apfelernte, den Jahreszeiten. Fotografien zeigen fröhliche Einladungen und grosse Runden auf der Oschwand – viele Sammler, Künstler und Literaten haben den Weg zu den gastfreundlichen und herzhaften Amiets gefunden.  Cuno Amiet hat mit seinem Werk und durch die Verbindungen mit den Sammlern Dübi-Müller aus Solothurn und Oscar Miller aus Biberist die Aktivitäten des Kunstvereins Solothurn und die Museumssammlung wesentlich geprägt und bereichert.

Gleichzeitig findet im Kunstmuseum Solothurn im Erdgeschoss die 34. Kantonale Jahresausstellung statt – eine reiche und anregende Schau von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Kanton und Umgebung. Und auch Ben Vautiers dreiteilige Arbeit ,Macht – Kunst – Geld‘ im Treppenhaus lohnt immer wieder, gesehen und durchdacht zu werden.
Solothurn 28. November 18

SURREALISMUS SCHWEIZ

-2.Januar 2019

Aarau, Aargauer Kunsthaus www.aargauerkunsthaus.ch
In den letzten zwei Jahren wurden in den Museen in Aarau und Winterthur die Schweizer Pop Art und die Neue Sachlichkeit in der Schweiz bearbeitet und in Ausstellungen vermittelt. Wie die Neue Sachlichkeit, nahm auch der Surrealismus zwischen den Kriegen seinen Anfang.  In Aarau wird nun in einer umfassenden Ausstellung der zeitlich und räumlich weit reichende Schweizer Surrealismus ausgelotet.  Die Kuratoren schlagen mit den 400 Werken von 60 KünstlerInnen auch einen Bogen in die Gegenwartskunst – mit Werken unter anderem von Not Vital, Aldo Walker, Markus Raetz, und Lutz&Guggisberg (das Duo hat jetzt gerade im Museum Bellpark Kriens eine Ausstellung www.bellpark.ch).
Das Layout der Ausstellung: zu Beginn wird mit ländlichen Bildnissen und historischen Referenzen eine allgemeine Einführung in den Surrealismus gegeben. Dann werden zuerst thematische, und schliesslich monographische Werkblöcke konzipiert. Aus den verschiedenen Schweizer Städten und Regionen sind in der Ausstellung Werke von Walter Kurt Wiemken aus Basel, Otto Tschumi aus Bern, Max von Moos und Ernst Maass aus Luzern, von der Aargauer Künstlerin Ilse Weber, aus dem Tessin dem Künstler und Sammler Serge Brignoni, von Werner Schaad aus Stein am Rhein zu sehen.  Auch in die Romandie wird ausgeholt, und die mit zwei Kontinenten verbundene Sonja Sekula oder Kurt Seligmann werden einbezogen.  Und mit Werken von Meret Oppenheim, Alberto Giacometti, Germaine Richier, Sophie Taeuber und Jean Arp werden auch die international bekannten Schweizer KünstlerInnen herangeholt, und darunter auch solche, die nicht primär mit dem Surrealismus in Verbindung gebracht werden. Die Grenzen von Stilbegriff und von  nationaler Optik werden in der Ausstellung jedoch offensichtlich, denn einige der KünstlerInnen waren von ihrem kulturellen Umfeld in Paris oder New York mehr geprägt als von der Schweiz, kehrten aber aus politischen oder persönlichen Gründen wieder in die Schweiz zurück.
Es ist zwar spannend, sich so vieler Künstlerinnen und Künstler zu erinnern, oder andere neu zu entdecken, bzw. eine Verbindung zur Gegenwart anzudenken. Aber mit der reichhaltigen Auslegeordnung – klein- und mittelformatige Werk mit dichtem Inhalt oft eng nebeneinander und übereinander gehängt – ist eine viel zu grosse, labyrinthische Ausstellung entstanden! Und die Glaswände des Museums sind auch noch verdunkelt.  Am Ende des Parcours dreht sich alles und verschwimmt – das ist auch nach einer Ausstellung über den Surrealismus kein befriedigendes Gefühl!
Aarau 21. November 18

EMIL NOLDE

-3. März 2019

Bern, Zentrum Paul Klee www.zpk.org
Wer in Bern stürmische Nordseeansichten, dramatisch gefärbte Abendhimmel, bunte Bauerngärten oder den Hamburger Hafen erwartet, liegt falsch. Vielmehr wird im Zentrum Paul Klee ein Teilaspekt des Werks von Emil Nolde (1867-1956) dargelegt: es geht um Spuk und Magie im Schaffen des Deutschen Expressionisten. Neben Fabelwesen und Menschenbildnissen gehören auch Stilleben, Reiseaufzeichnungen oder religiöse Bilder zur Themenstellung.
Grund für die  Ausstellung in Bern ist die robuste Freundschaft Noldes mit Paul Klee. Trotz unterschiedlicher entgegen gesetzter politischer Couleur bestehen 28 Schriftstücke von Künstler zu Künstler, daneben Geschenke, Bilder und Bücher, die sich die Künstler gegenseitig zugeeignet hatten. Verschiedene Male nahmen die beiden Künstler auch an wichtigen Gruppenausstellungen teil: vor dem 1. Weltkrieg im Rahmen des Blauen Reiters in München, dann in Köln, und später in Braunschweig. Auch gegenseitige Besuche fanden statt: Nolde besuchte Klee 1921 in München, vor dessen Stellenantritt im Bauhaus Weimar; die Klees besuchten die Noldes 1923 in Berlin anlässlich einer Ausstellungseröffnung von Paul Klee. Zu Noldes 60. Geburtstag war von Klee ein Aquarell für Nolde bereit, zu Klees 50. Geburtstag ein solches von Nolde. Drei Besuche der Noldes in Bern, wohin Klee 1933 nach seiner Entlassung in Düsseldorf emigrierte, folgten in den kommenden Jahren, vor Paul Klees Tod 1940.
Emil Nolde, mit dem ursprünglichen Namen Emil Hansen, wurde als Bauernsohn im deutsch-dänischen Grenzgebiet geboren.  Er liess aus leuchtender Farbe und intensivem Gefühl auf seinen ergreifenden Gemälden archaische Formen entstehen – ohne Umwege über Linie oder Perspektive.
Eine kuriose Werkgruppe in der Berner Ausstellung bilden die frühen Berggrotesken: eine Aquarell-Serie von Bergen, die während Noldes Zeit als Zeichenlehrer in St. Gallen von 1894-1897 entstanden sind. Darauf wurden die imposanten Schweizer Bergmassive und Gipfel mit fratzenhaften Gesichtern ausgestattet – so z.B. die Berner Viertausender Eiger, Mönch und Jungfrau. Schliesslich gab Nolde dreissig  Motive als Postkarten-Edition heraus und finanzierte sich damit seine folgenden  Kunstausbildungen in Süddeutschland und Paris. Gerade mit den Berggrotesken zeigte sich schon bald seine auch Begabung für magische Inhalte.
1902 heiratete Nolde die dänische Schauspielerin Ada (1879-1946). Das Paar lebte im Sommer in Jütland, wo märchenhafte Zeichnungen mit Strandläufern, Nachtwandlern und seltsamen Naturwesen entstanden sind. Im Winter lebten sie finanziell und gesundheitlich schwierige Jahre in Berlin. 1905 entstand der Radierzyklus Phantasien. Danach gehörte Nolde 1906 und 1907 für kurze Zeit der Künstlerbewegung Die Brücke um E.L. Kirchner an.  Nach Noldes Trennung von der Gruppe, trat er der Berliner Secession bei, mit dem Künstler Max Liebermann als Präsidenten, und schliesslich der Neuen Secession.  In Berlin besuchte Nolde das Völkerkundemuseum und skizzierte dort Motive, die er später in seinen Stillleben wieder einbaute.  Vor dem Ausbruch des 1.Weltkriegs reiste das Paar mit einer Expeditionsgruppe in die damalige Kolonie Deutsch-Neuguinea. Dort baute Nolde auch eine Kunstsammlung mit 400 Exotika auf.  In der Ausstellung in Bern werden Objekte ausgestellt, die Nolde auf seinen Stillleben abbildete.  In der Südsee entstanden eindrückliche Gemälde, Skizzenfolgen und Aquarelle: Gesichter von Eingeborenen mit Gesichtsbemalung, geschmückt und mit besonderen Haartrachten.
Ende 20er Jahre liess sich Nolde in Seebüll nahe der dänischen Grenze ein Wohnhaus mit Atelier und Garten erbauen. In den 1930er Jahren fertigte er in Seebüll, zurückgezogen, die ,ungemalten Bilder‘, etwa tausend kleinformatige Aquarelle mit auch Sagengestalten, grotesken Tieren und mythologischen Figuren.  Diese umfassende Folge beendete  er Ende des 2. Weltkrieges, nachdem über ihn ein Berufsverbot verhängt worden war. Dies trotz seiner politischen rechten Parteizugehörigkeit und 1937 wurden von Nolde 1052 Werke in den deutschen Museen beschlagnahmt. In der verfemenden deutschen Ausstellung ,Entartete Kunst‘ war er am stärksten vertreten (im Gegensatz zu ihm wurden von Paul Klee 102 Werke beschlagnahmt).
Paul Klee schuf 1939 – ein Jahr vor seinem Tod – von Emil Nolde das Porträt ,Nordischer Künstler‘, welches auch in Bern zu sehen ist. 1944 zerstörten Bomben Emil Noldes Berliner Wohnung – etwa 3000 Arbeiten und auch Werke seiner Künstlerfreunde Klee, Kandinsky, Kokoschka und Feininger verbrannten. Nach dem Tod seiner Frau Ada 1946 heiratete er erneut, und starb zehn Jahre später. Im gleichen Jahr wurde die Stiftung Ada und Emil Nolde Seebüll rechtswirksam und sein  Haus wurde als Museum eingerichtet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die jetzige Ausstellung in Bern erarbeitet den ,phantastischen‘ Nolde ausführlich und sorgfältig.

Wenn man eine Auswahl von Emil Noldes Meerbildern sehen möchte, dann kann man sie bis 6.1.2019 im Museum Kunst der Westküste in Norddeutschland auf der Insel Föhr in Alkersum zu sehen.
Bern 23. November 18

Bitte überprüfen Sie die Ausstellungsdaten.

2. Teil obige Bildlegende:
Fotografie von Paul Zaugg, Amiet-Archiv, Fondation Cuno  Amiet Aarau

© Dagmar Huguenin 6. Dezember 2018